Zuverlässigkeit, Verbindlichkeit, Disziplin erkennen

Wo sich die Spreu vom Weizen trennt – Zuverlässigkeit, Verbindlichkeit und Selbstdisziplin (Teil 1)

Der Umwelt zuliebe entschied ich mich vor Kurzem für die Reise mit dem Zug nach München, anstatt für die Fahrt mit meinem eigenen Auto. In Erfurt einsteigen, in München aussteigen. Während der Fahrt vom WiFi profitieren und etwas angefallene Arbeit erledigen. Dabei vielleicht eine Kleinigkeit snacken… Der Gedanke war solange romantisch, bis mein Zug in Erfurt schon mit 35 Minuten Verspätung eintrudelte, mein Wagon weggekürzt wurde und meine Sitzplatzreservierung somit hinfällig war und ich aufgrund der Verspätung gerade bis nach Nürnberg kam, um dann meinen Anschlusszug zu verpassen. Nichts für ungut, aber Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit ist etwas anderes…

Während meines Aufenthaltes und dem Warten auf eine Anschlussverbindung dachte ich mehr und mehr über Zuverlässigkeit nach.

Das Zugunternehmen hat tolle Angebote und scheint auch – mal abgesehen vom zeitlichen Aspekt – ein kompetenter Reisepartner zu sein: Bordrestaurant, Klimaanlage, bequeme Sitze, WiFi, frischer Kaffee an den Platz, ja sogar Podcasts und Entertainmentprogramme. Es macht sich über seine Kompetenzen einen Namen, doch zuverlässig war es zumindest an meinem Reisetag nicht. Das hat mich wirklich sehr geärgert und hier fiel mir auf, dass wir eine gewisse Kompetenz voraussetzen, aber Zuverlässigkeit das ist, was einen aus der Menge hervorhebt. Ist sie vorhanden, bedeutet das, dass meine Erwartungen erfüllt werden und ich mich in Sicherheit wiegen kann. Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit sind die Basis für Vertrauen.

Anhand der folgenden vier Punkte können Sie einmal selbst einschätzen, wie zuverlässig Sie sind.

 

1. Pünktlichkeit.

Ist ein Meeting um 14 Uhr angesetzt, sind Sie auch 14 Uhr da. Nicht 14:20 Uhr und auch nicht schon 13:40 Uhr. Zeit ist kostbar und zwar nicht nur Ihre eigene, sondern auch die der anderen. Sicherlich gibt es für jede Situation ungeschriebene Gesetze von Karenzzeitfenstern. Doch was ich sagen will ist, dass das Einhalten von verabredeten Zeiten ein Zeichen für gegenseitigen Respekt und Fairness ist. Sind Sie ein zuverlässiger Mensch, spielen Sie nicht mit der Zeit der anderen und stellen sich so über sie.

 

2. Ehrlichkeit

Eine Aufgabe oder Zusage zu vergessen ist kein Verbrechen. Doch wenn Sie ein zuverlässiger Mensch sind, dann stehen Sie ehrlich dazu und sagen klar und deutlich die Wahrheit. Kaum etwas ist weniger zuverlässig als Lügen. Lügen haben kurze Beine heißt es und spätestens, wenn die Wahrheit auf den Tisch kommt, verschwinden rapide Punkte von Ihrem Zuverlässigkeitskonto. Ehrlichkeit ist daher ein wesentlicher Punkt der Zuverlässigkeit.

 

3. Schnelles Feedback.

Ein kurzes Feedback, dass eine Information angekommen ist, zeugt von Zuverlässigkeit. Ich meine damit nicht, dass Sie Aufgaben oder beispielsweise Mails in Windeseile abarbeiten sollten und Ergebnisse abliefern. Aber Ihr Gegenüber hat sich – vielleicht sogar auf Ihr Drängen hin – Mühe gemacht und sich mit Ihrem Anliegen beschäftigt. Bringen Sie also die nötige Achtung zu Tage und geben Sie eine kurze Rückmeldung, dass die Nachricht angekommen ist und wann Sie sich um das Anliegen kümmern können.

Lernen Sie, den Mehraufwand anderer zu erkennen und sich für die Mühe zu bedanken. Gesten als nicht selbstverständlich anzusehen und mit einem kurzen Feedback zu würdigen, ist ein wesentlicher Punkt von Wertschätzung und gegenseitigem Vertrauen.

Gerade in den aktuellen Zeiten des Homeoffice ist direktes und schnelles Feedback maßgeblich für eine gute Zusammenarbeit auf Distanz. Mehr dazu können Sie in diesem Blogeintrag lesen.

 

4. Überblick behalten.

Wenn Sie ein zuverlässiger Mensch sind, wissen Sie, dass das nicht bedeutet so viele Zusagen wie möglich zu machen. Sie können Kollegen oder Freunden gern Gefallen tun, dürfen sich aber nicht verzetteln. Dabei ist es wichtig, über die eigenen Kapazitäten Bescheid zu wissen. Haben Sie ein gutes Gefühl dafür, was Sie sich zumuten können und vor allem wo Ihre Grenzen liegen? Zuverlässigkeit erfordert es, dass Sie zu Ende bringen, was Sie zugesagt oder begonnen haben. Hier liegt auch die Bedeutung des Wortes „Verbindlichkeit“, nämlich sich an eine Zusage „binden“.

Gerade der letzte Punkt meiner Liste offenbart den Blick auf eine weitere Tugend, welche in Zusammenhang mit Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit steht: Selbstdisziplin. Haben Sie einem Freund oder Kollegen etwas versprochen, finden aber andere Aufgaben plötzlich viel spannender und attraktiver? Hier gilt, was Donna aus der Serie Suits so treffend formulierte: „Wenn du nicht naschen willst, geh nicht in die Küche.“ Wenn es Ihnen noch an Selbstdisziplin fehlt, Sie aber ein zuverlässiger Freund sein möchten, gehen Sie Versuchungen am besten aus dem Weg. Das ist ein erster Schritt.

Was Ihnen noch dabei hilft, mehr Selbstdisziplin zu entwickeln, habe ich hier in diesem Blogeintrag einmal zusammengefasst.

Wie gut haben Sie abgeschnitten? Konnten Sie an jedem Punkt meiner Zuverlässigkeits-Check-List einen Haken setzen? Das Gute ist, Zuverlässigkeit lässt sich trainieren. Seien Sie aber offen genug für Reflexionen. Sehen Sie sich mit den Augen der anderen und fragen Sie sich: „Kann man sich auf mich verlassen?“ Falls ja, beglückwünsche ich Sie. Falls nein, beglückwünsche ich Sie trotzdem. Denn sie haben den ersten Schritt zur Einsicht getan und nun drücke ich Ihnen die Daumen beim Zuverlässigkeitstraining.

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